Neue Player in der Möbel- und Bauindustrie

In Dänemark, einer der in Europa führenden Nationen für designorientierte, hochwertige und nachhaltige Möbelproduktion, vollzieht sich derzeit eine leise und in Ihrer Bedeutung und Tragweite noch recht unbemerkte Revolution in der Möbelindustrie. Es geht um das Re- und Upcyceln von Möbeln in industriellem Maßstab.

Fortschritt vollzieht sich oft schleichend in einem sehr langwierigen Prozess, unterteilt in sehr viele kleine Einzelereignisse. Deshalb sieht man die Dinge oft nicht in ihrem Gesamtzusammenhang und in ihrer jeweiligen Bedeutung. Nimmt man allerdings einmal eine höhere Position der Beobachtung und Gesamtanalyse ein und schaut zudem auf einen längeren Zeitabschnitt, so wird klar, dass wir uns bereits in der fortgeschrittenen Phase eines tiefgreifenden Umbruchs befinden. Einige Unternehmen der Möbelbranche sind mittlerweile in der Lage, größere Mengen an Produkten mit vollständig zirkulären Materialien herzustellen. Noch vor Kurzem waren es vor allem kleine Start-ups, die sich aus zumeist ideellen, nicht zuvorderst wirtschaftlichen Gründen der handwerklichen Produktion von kleinen nachhaltigen Kollektionen verschrieben hatten. Für größere Unternehmen mit höheren Absatzzahlen und einem notwendigen sicheren Beschaffungsprozess der Ausgangsmaterialien war es noch nicht möglich, Möbelserien aus rein nachhaltigen Materialien herzustellen. Dies hat sich in den letzten 2-3 Jahren grundlegend geändert. Der Hauptgrund ist die stetig steigende Nachfrage nach rezyklierten Ausgangsmaterialien, und der daraus resultierenden Zunahme von Lieferanten, als auch der Fortschritt in den Technologien zur Herstellung von hochwertigen Materialien mit gesicherten Qualitäten aus Abfallstoffen.

Abseits der schönen Designwelt der fertigen Produkte haben sich einige Unternehmen in der Vorstufe der Möbelproduktion entwickelt, die aus Abfallstoffen neue hochwertige Ausgangsmaterialien für die Industrie liefern können. Zudem widmen sich Großunternehmen verschiedenster Branchen intensiver denn je der Nachverwertung ihrer Produkte und beliefern unter anderen die Möbelindustrie mit hochwertigen Rezyklaten.

In der Möbelbranche, die größtenteils Produkte von begrenzter Komplexität herstellt, hat sich das Thema der vollständig nachhaltigen Produktion als der größte Treiber für Innovation der letzten Jahre herausgestellt. Möbel und Accessoires aus nachhaltiger Produktion ohne Abstriche an das Design und die Qualität sind dabei den breiten Markt zu erobern.

Es gibt bislang allerdings nur wenige Hersteller, die ihr Produktportfolio bereits vollkommen oder nahezu vollkommen auf die Produktion nachhaltiger Ausgangsstoffe umgestellt haben und das notwendige Know-How für die integrierten Prozesse aufweisen.

Eines dieser Unternehmen ist das dänische Unternehmen Mater. Mater hat mit der Unterstützung von Investoren eine Technologie zur Herstellung eines Materials für die Produktion von Möbelschalen und tragenden Komponenten entwickelt, die komplett auf Abfallstoffen verschiedener Industriezweige bzw. -unternehmen basiert. Mit dem patentierten Material Matek™ stellt Mater mittlerweile einen Großteil des eigenen Produktportfolios her und ist damit sehr erfolgreich. Matek™ besteht aus zwei Schlüsselkomponenten. Zum Einen aus einem Fasermaterial, welches zumeist organischen Ursprungs ist, wie z.B. Sägespänen oder Kaffespreu aus der Kaffeeproduktion, zum Anderen aus einem Bindematerial, welches aus Kunststoffabfällen wie z.B. der Elektro- oder der Fischereiindustrie besteht. Die Innovation wurde Anfang 2024 sogar in einem Beitrag des Senders ZDF portraitiert: (https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/moebel-design-nachhaltig-muell-plan-b-100.html)

Mater wird für bestimmte Produkte von einem anderen Start-up aus Dänemark unterstützt. Es handelt sich um das Unternehmen a:gain aus Kopenhagen. Bei a:gain hat man sich konsequent dem Upcycling von ausgemusterten Materialien oder Abfallstoffen verschiedener Industrien gewidmet, um daraus attraktive und preislich wettbewerbsfähige neue Bau- und Möbelprodukte herzustellen. Das Unternehmen geht dabei den Weg, nur solche zirkulären Produkte zu entwickeln, deren Beschaffung und Produktion sich bei Bedarf beliebig skalieren lässt. Das aktuelle Portfolio erstreckt sich dabei von Holzfußböden über Innentrennwände, Akustikplatten, Tischplatten bis hin zu Fassadenbekleidungen. a:gain kann mittlerweile auf eine beeindruckende Liste von Projektreferenzen verweisen und möchte nun auch nach Deutschland expandieren.

Etablierte und namhafte Hersteller sind momentan noch etwas vorsichtiger. Zudem haben Sie ein bestehendes Produktportfolio, welches sehr behutsam modernisiert und angepasst werden muss, um den Markenkern nicht zu gefährden. Angesichts des beeindruckenden Angebots der neuen zirkulären Unternehmen, die zudem über einen Vorsprung im Know-How für das Design und die Verarbeitung industriell skalierbarer nachhaltiger Materialien haben, bleibt Ihnen aber nicht mehr viel Zeit, ihr Produktangebot umzustellen.

Angesichts der breiten Verfügbarkeit tatsächlich nachhaltiger und zirkulärer Möbel- und Bauprodukte sollten Anwender und gewerbliche Einkäufer nun konsequent diese neuen Unternehmen fördern und mit Ihrer Kaufentscheidung dafür sorgen, dass sich der Wandel zu vollständig kreislauffähigen Möbeln und Bauprodukten weiter vollzieht.

Written by: Andre Flinterhoff